Das kleine weiße Kissen auf der Schulter half etwas, aber schwer war die mit Rosen geschmückte Marienstatue dennoch. „Um die 100 Kilo“, schätzte Oliver Schlarb von der spanischsprachigen Gemeinde in Frankfurt, wiege die Muttergottes, die von ihm und drei weiteren Trägern auf einem Podest bei 30 Grad in einer feierlichen Prozession durch die Straßen rund um die Frauenfriedenskirche in Bockenheim getragen wurde. Immerhin, nach der Hälfte der Strecke wurden die Männer abgelöst – und konnten so doch noch ein paar Lieder mitsingen.
Zum zehnten Mal haben die muttersprachlichen Gemeinden und Pfarreien des Bistums Limburg Mariä Geburt mit dem festlichen Gottesdienst „Mutter aller Völker“ in Frankfurt gefeiert. Die Frauenfriedenskirche war beim Gottesdienst mit Weihbischof Thomas Löhr so voll besetzt, dass zahlreiche Besucherinnen und -besucher im hinteren Teil der Kirche stehen mussten. „Froh und ein bisschen stolz“ sei er, dass die Frauenfriedenskirche in den vergangenen zehn Jahren immerhin sieben Mal Ort dieser wunderbaren Demonstration des Glaubens gewesen sei, sagte Joachim Braun, Pfarrer der gastgebenden Pfarrei St. Marien. Drei mal musste der Gottesdienst wegen der umfangreichen Renovierung von Frauenfrieden ausweichen und in der Niederräder Kirche „Mutter zum Guten Rat“ gefeiert werden; nun ist er seit drei Jahren zurück in Bockenheim. Braun überbrachte auch Glückwünsche von Stadtdekan Johannes zu Eltz, der nicht persönlich dabei sein konnte. „Vom Dom her denke ich heute an Sie alle und an Ihre Gemeinden anderer Muttersprachen im Bistum. Maria, die Mutter aller Christen, aller Menschen hat an solchen Verbindungen Freude“, lautete seine Grußbotschaft.
Ein wunderbar vielfältiges Gesicht
Weihbischof Thomas Löhr zeigte sich bewegt davon, mit wie viel Herz und Begeisterung die Katholikinnen und Katholiken auch zehn Jahre nach dem ersten Gottesdienst die Muttergottes feiern und verehren. „Es sind Sie, die Menschen, die der Kirche ein so wunderbares vielfältiges Gesicht geben“, sagte er. Die Kirche Frauenfrieden bezeichnete er als große und bedeutungsvolle Kirche, die durch die Renovierung noch schöner geworden sei und noch großartiger ausstrahle. „Ich möchte sagen, heute ist die ganze Welt hier zusammen, keinen Kontinent gibt es, von dem niemand dabei ist. Das ist das Große, das Friedenstiftende des Glaubens. Maria Muttergottes tritt mit uns für den Frieden ein.“
Der Weihbischof nutzte diesmal die Gelegenheit, in seiner Predigt fünf Jugendliche zu Wort kommen zu lassen, die ihren Glauben bekannten und berichteten, was er für sie im täglichen Leben bedeutet. Seine Predigt und die Glaubenszeugnisse der jungen Menschen können unten nachgelesen werden. Dazu gab es Fürbitten auf zehn verschiedenen Sprachen und ein wunderbares, rührendes Musikprogramm unter Gesamtleitung von Benedikt Milenkovic, das den gut zweistündigen Gottesdienst feierlich begleitete.
Prächtige Banner, bestickte Schirme und Blumen
Anschließend zogen die Gläubigen in einer Marienprozession durch den Frankfurter Stadtteil. Für viele Katholikinnen und Katholiken der muttersprachlichen Gemeinden hat die Marienverehrung einen hohen Stellenwert, der jedes Jahr in der farbenfrohen Prozession sichtbar wird: Prächtige Banner, geschmückte Plakate und bestickte Schirme; Frauen und Männer, die stolz die traditionelle Kleidung ihres Herkunftslandes trugen, Kinder mit Blumen in den Händen. Für Marien-Träger Oliver Schlarb war es eine Ehre, zum dritten Mal einer von insgesamt acht Männern sein zu dürfen, die die von der portugiesischsprachigen Gemeinde in Wiesbaden geschmückte Muttergottes durch die Straßen trugen. Seine Frau Jovita Fernandez-Schlarb stammt aus Guatemala und berichtete, in südamerikanischen Ländern zahlten viele Menschen sogar Geld, um bei derlei Prozessionen die Statue zu tragen. „Gerade in der Karwoche hat das schwere Tragen, wie Jesus das Kreuz getragen hat, eine große Bedeutung“, so Schlarb.
„Es ist wunderbar, so viele Menschen zusammen zu sehen, eine so große Vielfalt vereint im Glauben und in der Verehrung der Gottesmutter Maria“, freute sich Heribert Schmitt, Referent für Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache im Bistum Limburg. Die Verwurzelung der Menschen im Bistum sei schon am Freitagabend deutlich geworden, als Bischof Georg Bätzing – zur Feier des zehnten Festes „Mutter aller Völker“ – einen internationalen Gottesdienst mit den Gläubigen in Frankfurt feierte, berichtete er. Anschließend hätten viele Menschen die ganze Nacht hindurch vor der Marienstatue gebetet. Am Samstagvormittag gab es ein spirituelles Event für Jugendliche ab 14 Jahren, bei dem Plakate entstanden, die verschiedene Symbole des Glaubens versinnbildlichten und die später beim Gottesdienst in besonderer Weise präsentiert wurden. Vorbereitet wurde das zehnte Fest „Mutter aller Völker“ vom Rat der Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache im Bistum.
Besonders gut gefiel vielen Menschen auch das bunte Zusammensein, das sich diesmal an die Prozession anschloss und für das zahlreiche Gruppen internationale Speisen aus ihren Herkunftsländern mitgebracht hatten. „Da wird noch einmal deutlich, wie wunderbar unterschiedliche Kulturen gemeinsam schmecken können“, schwärmte eine Besucherin.
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