Sunhild Pfeiffer, Leiterin der Frankfurter Bläserschule, hatte von einem musikalischen Stadtrundgang zum Ökumenischen Kirchentag geträumt: Halt machen an Orten, die mit Komponisten verknüpft sind, die in Frankfurt Spuren hinterlassen haben. Telemann, Mozart, Mendelssohn, Humperdinck, Hindemith wären angeklungen, der Stadtführer Christian Setzepfandt war gewonnen, die Route stand – bis klar wurde, angesichts von Corona wird das Treffen der Christinnen und Christen vom 13. bis 16. Mai weitgehend digital stattfinden. Jetzt führt der Weg der jungen Frankfurter Musizierenden ins Netz – sowohl evangelischer- als auch katholischerseits.
Die Frankfurter Domsingschule und die bei der evangelischen Kirche angebundenen Bläserinnen und Bläser waren mit dabei, als am Freitag, 14. Mai, 20 Uhr, auf www.oekt.de die Uraufführung des Oratoriums EINS online über die Bühne geht. Im Vorfeld wurden die einzelnen Elemente aufgezeichnet, beziehungsweise zusammengeschnitten. Vom ersten Ton an ist das von Peter Reulein und Bernhard Kießig geschaffene Werk rund um eine Journalistin, die sich auf biblisches Terrain begibt, ein ökumenisches.
Domsing- und Bläserschule ziehen an einem Strang
„Es handelt sich um gut eingängige Musik, gerade für Blechbläser“, findet Sunhild Pfeiffer.
„Ein einzigartiges Werk zu einem besonderen Kirchentag. Die Kinder und Jugendlichen, die in der Kürze der Zeit daran geprobt haben und somit einen kleinen Teil des Werkes kennen lernen dürfen, sind begeistert!“, so die Leiterin der Frankfurter Domsingschule Hermia Schlichtmann.
Im Einzelunterricht haben Pfeiffer und ihre Kollegen mit den Schüler*innen die Stimmen für das Oratorium einstudiert, diese nahmen ihre Passagen jeweils daheim auf. „Es ist immer eine Herausforderung, aus der Konserve, statt live zu spielen“, äußert die Bläserschulleiterin. Zuerst skeptisch, sagt sie jetzt „Ich stehe dazu“, zumal sich diese Herausforderung ausgesprochen positiv auf das Musizieren auswirke.
In der Pandemie werden Vorgärten von Altenheimen zu Konzertpodien
Im „Corona-Jahr“ hat die vor fünf Jahren gegründete Bläserschule „die 70 geknackt“, so viele Schüler*innen, die – auch unter erschwerten Bedingungen – das Spiel im Ensemble üben wollen, zählt die Kartei. Aus den fortgeschrittenen Ensembles kommen die Mitwirkenden des Oratoriums. „Da die Arbeit der großen Ensembles gegenwärtig brachliegt und nur kleine Auftritte in Gottesdiensten oder auch bei Gartenandachten vor Altenheimen möglich sind“, biete das Oratorium eine gute Gelegenheit trotz der widrigen Umstände Teil einer großen Aufführung zu sein, so Pfeiffer. Zwischen zehn und 18 Jahren sind die Mitwirkenden der Bläserschule alt. Die Sänger*innen in den Mädchen- und Knabenchören der Frankfurter Domsingschule sind von fünf Jahren bis 20 plus. Instrumente zur Hand zu nehmen und sich online einzeln zuzuspielen, ist leichter als im Chor auf digitale Distanz den rechten Ton zu treffen. Dennoch bietet die Frankfurter Domsingschule mit ihren zurzeit rund 280 Sänger*innen gut aufeinander abgestimmte Proben- und Stimmbildungseinheiten, die ausschließlich online stattfinden.
Auch die Lieder für das Oratorium haben einige Sänger*innen des A-Knaben- und -Mädchenchores und des A+-Mädchenchores mit den Stimmbildner*innen der Frankfurter Bläserschule, Marina Herrmann (Mainz) und der Leiterin Hermia Schlichtmann, online einstudiert und digital aufgezeichnet.
Beim Ökumenischen Kirchentag gab es neben der Aufführung des Oratoriums auch Live-Auftritte unter Corona-Schutzbedingungen von Bläser- und Domsingschule geben. Das Trompetentrio Viva La Tromba wirkte unter der Leitung von Simon Schumann in der evangelischen Matthäuskirche unweit der Messe an einem ökumenischen Gottesdienst mit. Am Samstag, 15. Mai, traten beide, Bläser- und Domsingschule, zusammen im Dom auf, bei einem der vier zentralen Gottesdienste des ÖKT. Für beide ist der Dom St. Bartholomäus vertrautes Terrain, regelmäßig singen und musizieren die jungen Sänger*innen und Bläserensensemblemitglieder im monatlichen „Evensong“, einem musikalischen Abendlob.
Schlichtmann äußert: „Das gemeinsame Musizieren der Bläser*innen und Sänger*innen im ökumenischen Evensong findet in der Aufführung des Oratoriums „EINS“ am 14. Mai und des Abendgottesdienstes im Dom am 15. Mai seinen Höhepunkt. Das musikalische Miteinander spiegelt die intensiv gelebte Ökumene am Frankfurter Dom wider. Es ist beglückend für uns, in diesem Jahr bei dem „Großen Ganzen“ dabei sein zu dürfen, um mit unserer vereinten Musik allen Christen Mut zu machen, Ökumene weiter zu leben und zu verdichten.“
Dieser Beitrag ist gemeinsam verfasst worden von katholischer und evangelischer Öffentlichkeitsarbeit, Frankfurt
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